Blackout poetry

Detailaufnahme Textverdunkelung mit Fokus auf den hellen Bereich: eine gewisse Zeit

Okay, das hier fällt jetzt nicht nur wahrscheinlich, sondern ziemlich sicher, komplett aus der bisherigen Blog-Reihe. Ich finde es aber so spannend, dass ich dem Thema Blackout Poetry einen eigenen Beitrag widmen möchte. Aber kurz vornweg: Das hier soll keine genaue Anleitung sein, denn die gibt es auch sehr ausführlich und hilfreich an anderer Stelle. Es ist eher ein spontaner positiver Eindruck, den ich hier gerne teilen möchte.

Aber was genau ist Blackout Poetry eigentlich?

Im Grunde geht es darum, mit Hilfe der Textverdunkelung einzelne Worte aus einem bereits vorhandenen gedruckten Text in einen neuen Zusammenhang zu bringen und damit einen eigenständigen neuen Inhalt zu erschaffen. Auf diese Weise entstehen spannende/interessante/poetische/lustige/kreative Texte, die nicht zuletzt auch wegen ihrer visuellen Überarbeitung eigene kleine Kunstwerke sind. Eben visuelle Gedichte oder auch Kürzesttexte.

Jedenfalls hatte ich Blackout Poetry schon eine ganze Weile auf meiner persönlichen Liste der Dinge, die ich gerne mal (in Ruhe – haha) ausprobieren wollte. Ich hatte mir sogar extra einen ausrangierten Roman zur Seite gelegt, aber es dann irgendwie doch nicht fertig gebracht, direkt auf einer der Buchseiten loszulegen. Vielleicht war es aber auch einfach nicht das richtige Buch in dem Moment. Oder eben für den Anfang.

Zurückzuführen ist Blackout Poetry übrigens auf den Schriftsteller Austin Kleon, der bereits 2005 seine ersten Blackout Poems auf seinem Blog veröffentlicht hat. In seinem YouTube Video How To Make A Newspaper Blackout Poem zeigt er sehr anschaulich, wie man ganz einfach loslegt.

Mir persönlich fällt es oftmals auch leichter, an etwas bereits vorhandenem zu arbeiten als vor einer weißen Fläche zu sitzen und überhaupt erst mal anzufangen. Diese Herangehensweise in der Kunst im Sinne der Aneignung nennt sich übrigens Appropriation Art – aber das nur ganz am Rande.

Richtig spannend ist übrigens auch, dass diese Form der Textauseinandersetzung inzwischen immer mehr an Schulen im Sprachunterricht Anwendung findet. Zum Beispiel als Form der Lesemotivation in jüngeren Jahrgängen, im Kunstunterricht oder später dann zu vertiefenden literarischen Diskursen. Ich glaube, ich hätte das damals ziemlich gerne im Deutschunterricht gemacht.

Für dein eigenes Blackout Poem braucht es nicht viel und geeignetes Material hat man eigentlich immer parat. All zu viel zu beachten gibt es eigentlich nicht und für den Anfang reichen ein gedruckter Text, ein Bleistift und ein Textmarker oder ähnliches. Genial dabei ist, dass man im Grunde jede Art von Text verwenden kann. Sei es ein Zeitungsartikel, eine Werbeanzeige, einen Roman, ein Songtext oder ein Beipackzettel. Schau, was dich persönlich anspricht und worauf du spontan Lust hast. Romane eignen sich wohl aber für den Anfang erst mal am besten.

Also habe ich mir auch einfach spontan ein Buch aus unserem Bücherregal geschnappt und in diesem dann zufällig die erstbeste Seite aufgeschlagen: Seite 62. Die soll es also sein: Eingescannt, ausgedruckt und los geht´s. Es fühlt sich auf jeden Fall besser an, die Vorlage zur Not noch mal ausdrucken zu können und vor allem, dass mir die eigentlichen Buchseiten in diesem Fall erhalten bleiben.

Und los geht´s:

Der Rest ist eigentlich gar nicht so schwer. Bleistift in die Hand, Text überfliegen, einzelne Worte markieren, die mich ansprechen. Passende Verben, Fülllwörter und Satzszeichen (in der richtigen Reihenfolge) suchen und plötzlich hast du da eine Aussage, die einfach für sich steht. Ohne Richtig, Falsch oder Perfektion. Einfach Try and Error. Trotzdem mit einem echten Ergebnis und Dopamin im Blut. Ich kann verstehen, wenn das Spaß oder sogar ein bisschen süchtig macht.

Das ist also das Ergebnis:
eine gewisse Zeit benötigen Sie in zweiundvierzig Jahren: macht täglich eine Viertelstunde umgerechnet dreizehnmillionensiebenhundertsiebenundneunzigtausend. Aber unterbrechen Sie nicht.
Eine gewisse Zeit benötigen Sie
In zweiundvierzig Jahren:
Macht täglich eine Viertelstunde
umgerechnet dreizehnmillionensiebenhundertsiebenundneunzigtausend.
Aber Unterbrechen Sie nicht!

Interessanterweise hat der Kurztext auch noch irgendwie etwas mit mir persönlich zu tun. Das ist bestimmt nicht immer so und muss es auch gar nicht, gibt mir aber in dem Moment ein gutes Gefühl und motiviert mich. „42 ist” immerhin „die Antwort auf alles” – das musste jetzt mit rein. 😉

Für Fortgeschrittene kommen dann noch unendlich viele Möglichkeiten an visueller Ausarbeitung hinzu. Auch hierfür gibt es sehr schöne Beispiele im Internet zu finden. Für den Start ist aber das einfache Schwärzen auch absolut ausreichend. Denn es geht bei der ganzen Sache um alles andere als um Perfektion.

Also gilt: Einfach mal machen. Für zwischendurch und einen freien Kopf oder wie auch immer. Ich finde, es ist definitiv eine sehr schöne und kurzweilige Möglichkeit mal wieder kreativ zu sein. Wer weiß, vielleicht etabliert sich diese Technik bei mir ja als kurze, entspannende Auszeit im Alltagswahnsinn.

Viel Freude beim Ausprobieren oder vielleicht auch erst mal nur beim Lesen anderer Blackout Poems. Das ist auch sehr unterhaltsam und empfehlenswert für den Anfang.

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Dazugehörige Verweise und mehr Infos:
https://austinkleon.com/newspaperblackout/
https://deutsch-klett.de/blackout-poetry-kreative-textarbeit-im-deutschunterricht/
https://www.alf-hannover.de/materialien/praxistipps/blackout-poetry
https://stilleseiten.de/2018/09/blackout-poetry-eine-kreative-schreibuebung-fuer-visuelle-gedichte/
https://judithpeters.de/blackout-poetry-anleitung/

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